Kleine Anfrage 330: Weniger Integration in NRW – wo ist die Stelle der Staatssekretärin bzw. des Staatssekretärs für Integration geblieben?

Untenstehend findet ihr die Kleine Anfrage, die Antwort des Ministeriums findet ihr am Ende der Seite:

Kleine Anfrage 330

der Abgeordneten Volkan Baran und Thorsten Klute  SPD

Weniger Integration in NRW – wo ist die Stelle der Staatssekretärin bzw. des Staatssekretärs für Integration geblieben?

Nordrhein-Westfalen ist Integrationsland Nummer 1 in Deutschland. Kein Bundesland ist in seiner Geschichte so sehr von Einwanderung geprägt wie Nordrhein-Westfalen. Einwanderung aus allen Teilen der Erde nach NRW hat einen wichtigen Anteil an der Aufwärtsentwicklung unseres Bundeslands und Deutschlands insgesamt. Hier in Nordrhein-Westfalen haben die Menschen schon sehr früh unter Tage erfahren, dass es nicht darauf ankommt, woher deine Nachbarin und dein Arbeitskollege oder ihre Eltern kommen, woran jemand glaubt oder wie man liebt, sondern dass man sich aufeinander verlassen kann und dass man zusammensteht.

Mit dieser Erfahrung im Rücken haben wir in Nordrhein-Westfalen stets den Anspruch gehabt,
bundesweit eine Vorreiterrolle in der Integrationspolitik einzunehmen. Wichtige Entwicklungsschritte in der deutschen Integrationspolitik gingen von hier aus. Schon im Jahr 2000 hatte der frühere Ministerpräsident und damalige Bundespräsident Johannes Rau in
seiner Berliner Rede „Ohne Angst und Träumerei: Gemeinsam leben in Deutschland“ klargestellt: „Wir können das Zusammenleben in unserem Land nicht dem Zufall überlassen.“

Dieser Aufforderung zum politischen Gestalten der Integration kam Nordrhein-Westfalen zum
Beispiel mit dem im Jahr 2012 in Kraft getretenen und in der vergangenen Legislaturperiode
erneuerten Teilhabe- und Integrationsgesetz nach, einem noch heute bundesweit leuchtenden
Beispiel. Der Aufbau der bundesweit einzigartigen Integrationsinfrastruktur mit den Kommunalen Integrationszentren, den Integrationsagenturen, der Förderung der Migrantinnenselbstorganisationen, der Förderung des Ehrenamts in der Geflüchtetenhilfe, die Achtung und Förderung der natürlichen Mehrsprachigkeit und vieles mehr finden darin eine gesicherte Grundlage. Das Durchbrechen des alten und schon immer falschen Grundsatzes in Deutschland, dass Asyl- und Integrationspolitik strikt voneinander zu trennen sind und entscheidende Integrationsmaßnahmen erst mit der positiven Entscheidung über einen Asylantrag zu beginnen haben, ging in der Zeit der großen Zuwanderung auf dem Asylweg im vergangenen Jahrzehnt von Nordrhein-Westfalen aus. Zahlreiche weitere Beispiele für
wichtige integrationspolitische Impulse aus Nordrhein-Westfalen könnten hier genannt werden.

Die Regierungen von Hannelore Kraft (SPD) und Armin Laschet (CDU) haben dieser besonderen Bedeutung der Einwanderung für unser Land Nordrhein-Westfalen und seiner besonderen Rolle für die Integrationspolitik gerade auch mit der Stelle der Staatssekretärin bzw. des Staatssekretärs für Integration in der NRW-Landesregierung Rechnung getragen. In den Jahren 2010 bis 2017 war diese Stelle im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (Minister Guntram Schneider und Rainer Schmeltzer, beide SPD) angesiedelt, in den Jahren 2017 bis 2022 im Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (Minister Joachim Stamp, FDP). Die Staatssekretärin bzw. der Staatssekretär für Integration hatten mit der ausschließlichen Zuständigkeit dieses großen Querschnittsbereichs die Möglichkeit, dieses für NRW so wichtige Politikfeld mit voller Kraft zu bearbeiten.

In der laufenden Legislaturperiode gibt es in NRW keine Staatssekretärin bzw. kein Staatssekretär für Integration mit exklusivem Aufgabenbereich mehr. Sie wurde wegrationalisiert. Zwar ist der Integrationsbereich dem Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration von Ministerin Paul zugeordnet. Es fehlt aber in der Hausspitze die entsprechende Stelle mit ausschließlicher Zuständigkeit. Das ist angesichts der gesellschaftlichen Relevanz dieser Aufgabe eindeutig ein Rückschritt in der Integrationspolitik des Landes.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Zu wessen Gunsten wurde die Position der Staatssekretärin bzw. des Staatssekretärs für Integration in der Landesregierung Nordrhein-Westfalen wegrationalisiert?

2. Was war der Grund für den Wegfall der Position einer Staatssekretärin bzw. eines Staatssekretärs für Integration?

3. Wie steht die Landesregierung zu dem Eindruck, dass sie die Position einer
Staatssekretärin bzw. eines Staatssekretärs für Integration scheinbar für entbehrlich
hält?

4. Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung einer Staatssekretärin bzw. eines Staatssekretärs für Integration für die zahlreichen Migrantinnen Organisationen in NRW?

5. Trifft es nach Kenntnis der Landesregierung zu, dass die Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen eine zweite Stelle einer Staatssekretärin bzw. eines Staatssekretärs im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie haben wollte bzw. es daher keinen Platz mehr für eine weitere Staatssekretärin bzw. einen weiteren Staatssekretär gab?

Thorsten Klute
Volkan Baran

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