Vogel für einen Tag -Praktikum beim Geierabend

Mein Einsatz beim Geierabendpraktikum begann beim Kulissenbau und den Kostümen, da sich beides im gleichen Raum befand. Ich durfte streichen, ansprühen und ankleben. Ich habe mir natürlich auch erzählen lassen, was ich streiche (ist natürlich geheim) und war fasziniert davon, wie viele Sachen dabei zu bedenken sind.
Zum einen bauen die Kulissenbauer:innen natürlich nicht für sich, sondern für die Schauspieler:innen und Autor:innen.
Haben sie sich das so vorgestellt?
Ist jemand zu klein für den Tresen hinter dem er stehen soll?
Sieht es toll aus, ist aber nicht zweckmäßig?
Zum anderen müssen die Kulissen ja möglichst schnell und lautlos bewegt werden, zwischen den Sketchen. Wenn es nur eine „Stagehand“ gibt, kann also nichts aus Metall oder Holz sein, weil es dann nicht ohne Anstrengung bewegt werden kann.
Darüber hinaus bestellen, leihen oder besorgen die Bühnenbildner:innen auf Umwegen Kurioses. Mein Highlight war ein aus Aquaristikbedarf gebastelter Strohhalm. In einer dramaturgischen Besprechung durfte ich zusammen mit einer Darstellerin, dem Autor und dem Regisseur ihre neue Rolle kennenlernen. Sie hatte den Text erst kurz vorher bekommen, sodass sie mit uns ausgelotet hat, was für ein Typ sie ist, wie alt sie ist, welches Vokabular sie wohl nutzt und was ihre Motivation ist dem Publikum ihre Geschichte zu erzählen. Ich fand es spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Rolle sein kann ohne, dass sich der Text verändert hat: triumphal, hinterhältig, stolz….
Als Politiker spielt man auch mit Sprache, mit Betonung, manchmal mit Spannungsaufbau. Ich musste als ich in den Landtag gewählt wurde auch erst ausloten, wie ich denn als Landespolitiker „auftrete“, allerdings war ich dabei natürlich an das gebunden, was ich sowieso schon bin, denn ohne Authentizität kommt man in meinem Job nicht weit.
Doch Spaß beiseite – Zum Abschluss meines Praktikums möchte ich ein Thema aufgreifen, das im Zuge der Pandemie immer wieder angesprochen wurde, aber trotzdem zu selten im Rampenlicht stehen: unsere Kulturschaffenden selbst.
Zu Beginn meines Praktikums gestern, saß ich mit in der Besprechung des Ensembles und statt darüber zu sprechen, was sie auf die Bühne bringen wollen, ging es um die neue Coronaschutzverordnung der nächsten Woche und ob sie überhaupt spielen dürfen.
Seit 2020 ist es für Künstlerinnen und Künstler schwer. Erst Lockdown-Maßnahmen, Hygieneregeln und -konzepte, zwischendurch Ausgangssperre, dann durch die steigenden Zahlen wieder Beschränkungen und 2G-Regeln. So wichtig all das war und ist, einige Künstler:innen waren komplett ohne Tätigkeit, andere haben Nebenjobs angenommen, wieder andere sind in geregelte Tätigkeiten abgewandert und werden vermutlich dort bleiben.
„Was oft aus den Augen verloren wird ist, dass das auch zur Folge hat, dass wir mindestens 8 Jahre brauchen werden um Strukturen wiederherzustellen mit denen wir Jahrzehntelang gearbeitet haben“, haben mir die Schauspieler:innen erläutert. Dazu gehören auch die Gewerke, die rund um Aufführungen nötig sind: Bühnenbau, Kostümbildner:innen, aber auch so banale Dinge wie das Ticketing, überall fehlt Personal, dadurch wird alles langsamer und weniger flexibel.
Durch die unsichere Zukunft mit der Pandemie, gibt es auch jetzt keine Perspektive für die Kulturschaffenden. Selbst wenn sie finanziell bisher gut durchgekommen sind, geht die Unsicherheit natürlich auch aufs Gemüt.
Kunst und Kultur sind notwendig für unsere Gesellschaft, deshalb müssen sie auch so behandelt werden und nicht als nettes Add-on.
Die Politik muss deshalb die Kulturschaffenden unterstützen.
Ich nehme einiges mit aus diesem Praktikum und stelle fest, dass hinter lustigen Sketchen mehr steckt, als nur eine gute Idee.