Kleine Anfrage 1111: Leistungswillen unterstützen und Integration ermöglichen – wann schließt die Landesregierung endlich die Förderlücke für Geflüchtete in Ausbildung und Berufsqualifizierung?

der Abgeordneten Volkan Baran, Anja Butschkau, Armin Jahl und Nadja Lüders SPD
Leistungswillen unterstützen und Integration ermöglichen – wann schließt die Landesregierung endlich die Förderlücke für Geflüchtete in Ausbildung und Berufsqualifizierung?

Mit der „3+2“-Regelung im Rahmen des Asylpakets II hat die Bundesregierung zum einen dafür gesorgt, dass geflüchtete Menschen in Deutschland unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus leichter eine Berufsausbildung beginnen können. Weiterhin können nun die ausbildenden Betriebe für die Dauer der Lehrzeit und auch in den zwei Jahren nach dem entsprechenden Abschluss von einem Verbleib ihrer Arbeitskräfte in Deutschland ausgehen. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass gute Arbeit wesentlich für eine
gelingende Integration ist und den Menschen überhaupt erst ermöglicht, ihr Leben selbstbestimmt und unabhängig von staatlichen Leistungen zu führen. Auch Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände haben die rechtliche Änderung angesichts des Fachkräftemangels und
mehrerer zehntausend offener Ausbildungsplätze sehr begrüßt. Die Ausbildungsvergütungen in vielen Berufen liegen deutlich unter dem
Grundsicherungsniveau und sind damit nicht ausreichend, um ihren Lebensunterhalt eigenständig und dauerhaft decken zu können. Für die Geflüchteten mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung besteht das besondere Problem, dass sie einerseits grundsätzlich von
Förderungsleistungen des SGB II ausgeschlossen sind, andererseits die Leistungen des AsylblG mit Beginn der Ausbildung durch die zuständige Behörden häufig völlig eingestellt werden. Der Anspruch auf Unterstützungsleistungen durch die Berufsausbildungsbeihilfe
(BAB) besteht in der Regel nicht. Gleiches gilt auch für volljährige Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung, die die Schule besuchen möchten, um sich für eine anspruchsvolle Ausbildung zu qualifizieren. Diese Unstimmigkeit zwischen dem Asylbewerberleistungsgesetz und den Sozialgesetzbüchern führt zu der absurden Situation, dass arbeits- und lernwillige Geflüchtete
sich aus finanziellen Gründen gegen eine Berufsqualifizierung entscheiden oder diese abbrechen müssen. Leistungsfähige junge Menschen werden somit durch die Mühlen der Bürokratie gedreht und von produktiver Teilhabe und guter Lebensperspektive abgehalten statt dazu ermutigt. Die Intention des Gesetzgebers beim Erlass der „3+2“-Regelung wird faktisch ausgehöhlt und in das genaue Gegenteil verkehrt.
Die Landesregierungen von Bayern, Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben daher ihre Kommunen jeweils schriftlich nachdrücklich dazu angehalten, bei antragsstellenden Geflüchteten in Ausbildung die Härtefallregelung nach §22 Abs. 1 S. 2 SGB XII anzuwenden und somit Beihilfen nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII zu gewähren.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche potenziellen gesellschaftlichen und individuellen Probleme sieht die Landesregierung darin, wenn erwerbsfähige junge Menschen von Ausbildung und Arbeit abgehalten werden und zur Untätigkeit in einem fremden Land gezwungen sind?

2. Wann plant die Landesregierung, den nordrhein-westfälischen Kommunen die
Anwendung der Härtefallregelung nach §22 Abs. 1 S. 2 SGB XII zu empfehlen?

3. Falls die Landesregierung eine Empfehlung an die Kommunen ablehnt: Aus welchen
Gründen will die Landesregierung die berufliche Integration von geflüchteten Menschen
erschweren oder verhindern?

4. Wie konkret gedenkt die Landesregierung eine bundesweit einheitliche
Anwendungsregelung herbeizuführen, und welche genauen Anstrengungen wurden
bisher unternommen?

5. Wie viele (volljährige) Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung haben seit
dem Jahr 2015 eine betriebliche Ausbildung oder einen schulischen Bildungsgang für
aufgenommen bzw. abgebrochen?

Volkan Baran
Anja Butschkau
Armin Jahl
Nadja Lüders

Antwort Ministerium